Donnerstag, 7. September 2017

Nicholson Baker: Das Regenmobil

- ein launiger Monolog darüber, wie man einen Songtext schreibt.

Taschenbuchausgabe, 300 Seiten
Rowohlt Taschenbuch Verlag, 21. Juli 2017

Vielen Dank für das Rezensionsexemplar, hier geht es zur Buchseite des Verlages.

Inhalt

Paul Chowder ist Lyriker, "bekannt" geworden durch eine Anthologie "Reim allein", die ihm immer noch Tantiemen und einige Vorträge einbringt.
Zur Zeit lebt er auf einem alten Bauernhof in Maine, gemeinsam mit seinem Hund und trauert seiner Ex-Freundin Rosslyn nach.

Zu seinem 55. Geburtstag wünscht er sich sehnlichst eine Akkustikgitarre, die er sich kurzerhand selbst schenkt. Denn statt Gedichte zu schreiben, hat er sich vorgenommen ab jetzt Songtexte zu komponieren. Dabei experimentiert er mit Wortkaskaden und verschiedenen Akkorden, Klängen und allem, was Geräusche macht.

"Ich möchte Songs schreiben. Keine Gedichte mehr - Songs." (S.28)

Der Ich-Erzähler lässt uns in einem inneren Monolog daran teilhaben, welche Herausforderungen ein Songtext mit sich bringt:

"Er (gemeint ist sein Freund Tim) sagte: "Schreib doch mal ein Buch darüber, wie du versuchst, einen Protestsong zu schreiben."
"Das mache ich ja schon irgendwie", sagte ich." (S.183)

Neben den Songtexten gilt sein Interesse doch immer noch der Lyrik. Ein Gedicht von Keats,

"Bevor die Feder noch hat eingebracht/ Die Ernte meines Geistes..." (S.10)

fasziniert ihn, ebenso Gedichte über Fagotte und Musikstücken mit Fagott, da er selbst Fagott gespielt hat. Besonders Debussys "versunkene Kathedrale" hat es ihm angetan.

Und natürlich hat er ein Faible für Regenmobile:

"Das Regenmobil ist ein langsam fahrendes Techno-Dance-Trance-Gerät aus schwerem Metall mit zwei weißen gusseisernen Hinterrädern, die sich in die Erde graben, und obendrauf einer Art Taktstock oder Hubschrauberflügel, der sich dreht. Der Schlauch wird am Heck angeschraubt. Das Schlauchwasser fließt mit Hochdruck in den Anus bzw. das Rektum des Traktors. Es läuft durch den Traktor hoch und tritt an den Löchlein am Ende der rotierenden Wirblis aus und fliegt in einem gleißenden Bagel sinusoider Formen auf den Garten." (S.247)

Paul kümmert sich jedoch auch um Menschen - um seine Nachbarin Nan, deren Hühner er des Öfteren versorgt und deren Sohn Raymond ihm beim Komponieren hilft. Und vor allem kümmert er sich liebevoll um Rosslyn, die krank ist und die er davon überzeugen will, dass er der Richtige für sie ist. Nicht ihr derzeitiger Freund Harris. Ob ihm das gelingen kann?

Bewertung
Zunächst kommt der Roman etwas belanglos daher. Ein mittelmäßiger Lyriker, der sich vorgenommen hat, Songtexte zu schreiben und darüber hinaus mit Tabak und Zigarren experimentiert.
Doch die Gedanken Pauls sind alles andere als belanglos, wenn er sich zu amerikanischen Lyrikern oder zu klassischen Komponisten äußert. Oder wenn er beschreibt, welche Rolle ein Fagott in unterschiedlichen Musikstücken spielt oder wenn er sich vehement gegen die Drohnen im Kampf gegen den Terrorismus ausspricht. Er geht Fragen nach wie,
"was ist metaphorische Interferenz?" (S.49)
und zeigt sich in zwischenmenschlichen Beziehungen als warmherziger Freund.

Die musikalischen Experimente und die sehr detaillierte Beschreibung, wie man einen Song komponiert, die Wortfindungen waren mir jedoch zu ausführlich und dadurch letztlich zu langatmig.
Menschen, die selbst mit Musik experimentieren und sich in diesem Gebiet auskennen, werden das zu schätzen wissen - im Gegensatz zu mir.